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Überlange Verfahrensdauer

Überlange Verfahrensdauer

Nicht nur in Italien, auch in Deutschland gibt es Rechtsstreite, die nicht enden wollen. Und so gibt es auch in Deutschland eine Art „legge Pinto“ (§ 198 GVG), die bei überlanger Verfahrensdauer dem Kläger gegenüber dem Staat einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 1200 Euro pro Jahr zuspricht.

Die praktische Bedeutung des Gesetzes ist gering, da der BGH am 15.12.2022 (III ZR 192/21) erneut darauf hingewiesen hat, dass ein Gericht nicht nur langsam oder ineffizient, sondern „unvertretbar“ gehandelt haben muss. In dem betreffenden Fall wurde u.a. ein unnötiges Sachverständigengutachten eingeholt, das aber offensichtlich nicht außerhalb jeglicher Verfahrenslogik bestellt wurde.

Die Redaktion fragt sich ohnehin, ob mit den relativ geringen Entschädigungssätzen den Vorgaben des Art. 6 europäische Menschenrechtskonvention (Recht auf ein faires Verfahren) überhaupt Rechnung getragen wird. Ein für ein Unternehmen oder für eine Privatperson lebenswichtiger Prozess, der beispielsweise eine Gesellschaft vor der Insolvenz retten könnte, wenn er zügig verhandelt werden würde, führt zu einem weit größeren Schaden als die Legge Pinto oder § 198 GVG den Klägern zuspricht.